Diplomatie und Medien

Übersetzungsleistungen von Diplomatie und Medien im vormodernen Friedensprozess. Europa 1450–1789

Verbundprojekt des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, des Instituts für Europäische Kulturgeschichte Augsburg und der Staatsgalerie Stuttgart

Warum scheiterten die in der Regel dynastischen Regierungen Europas in der Frühen Neuzeit, trotz intensiver Bemühungen, an der Aufgabe, langfristig Frieden herzustellen? Die Grundthese des Verbundprojektes lautet: Frieden in Europa konnte im Zeitraum zwischen 1450 – 1789 unter anderem deshalb nicht nachhaltig gewonnen und gesichert werden, weil es auch ein Translationsdefizit gab und kulturelle sowie kommunikative Differenzen bestanden, die nicht erfolgreich überbrückt werden konnten. Ziel des Vorhabens ist es deshalb, dieses Phänomen von intensiven und kostspieligen Friedensbemühungen bei gleichzeitigen kostenintensiven Kriegshandlungen aus europahistorischer, völkerrechtlicher, kunst- sowie kulturwissenschaftlicher Perspektive näher zu untersuchen.

Teilprojekt Stuttgart

Projektleitung: PD Dr. Hans-Martin Kaulbach
Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Dr. Cornelia Manegold

Übersetzungsleistungen der Kunst: Bilder von Frieden und Friedensverträgen

Das Stuttgarter Teilprojekt untersucht die aktive Rolle von Bildern in der frühneuzeitlichen Diplomatie, Friedenspublizistik und politischen Repräsentation. Leitend sind dabei die Fragen: Wie wird Frieden grenzüberschreitend und sprachübergreifend visualisiert? Welche bildlichen Medien sind fester Bestandteil diplomatischer Praxis?

Künstler, die wie Peter Paul Rubens (1577 – 1642) ihre Kompetenzen als Diplomat mit künstlerischer Arbeit kombinieren, genießen Achtung als bedeutende Friedensvermittler. Maler wie Anselmus van Hulle (1661 – nach 1674), Gerard ter Borch (1617–1681) oder Joachim von Sandrart (1606 – 1688) werden auf Friedenskonferenzen mit Diplomatenbildnissen beauftragt, die in Porträtstichen weite Verbreitung erreichen. Seit dem Westfälischen Frieden 1648 erscheinen in großer Zahl Flugblätter, die Frieden einerseits im Bildbericht dokumentieren, andererseits als Allegorie deuten und überhöhen. Die Druckgraphik erweist sich als überaus wichtiges Medium, das die öffentliche Wahrnehmung von zwischenstaatlichen Friedensschlüssen steuert, indem es diplomatische Akte nicht nur reproduziert, sondern auch inszeniert. Friedensallegorien in Malerei, Skulptur, Münzen und Medaillen treten hinzu. Rezeptionsgeschichtliche Forschungen untersuchten die Fragen der Bildlichkeit für einzelne bedeutende Friedenskongresse zumeist anlässlich von Jubiläumsausstellungen. Eine systematische Gesamtdarstellung der Bildkultur des Friedens steht derzeit noch aus.

Der Fokus unseres Teilprojektes ist auf die medialen Vervielfältigungen von Friedensbildern und deren Übertragungen in einen neuen Kontext gerichtet. Es geht also um den Weg, den ein Bild – eine Personifikation wie Pax, symbolische Gesten wie »Friedenskuss« oder »Schwören«, Handlungsmotive wie »Schwerter zu Pflugscharen«, Symbole wie Ölzweig oder Caduceus – zurücklegt, welche Transformation es erfährt und welcher Bedeutungswandel dabei festzustellen ist. Im Ergebnis werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Aufbau der Bilder, bei der Auswahl des Mediums und in der Methodik der Darstellung erforscht. Im Rahmen des BMBF-Förderprogramms »Übersetzungsfunktion der Geisteswissenschaften« soll dabei aufgezeigt werden, wie Künstler als Übersetzer fungieren und Bilder die Reichweite des Kommunikationsprozesses ausdehnen.

Ein von Hans-Martin Kaulbach angelegtes, sammlungsübergreifendes Bildarchiv erweitert unsere Bestände. Zielsetzung des Teilprojektes ist es, Friedensbilder für die vergleichende Analyse verfügbar zu machen. Als Ergebnis liegt nicht nur eine Ausarbeitung in Form einer Publikation vor (ISBN: 978-3422071605), sondern gleichzeitig stehen wertvolle Instrumente für weiterführende Recherchen zur Verfügung.

Wir stellen ein breites Spektrum von Friedensbildern als recherchierbare Seiten in unserer Sammlung digital bereit. Mit dieser Aufbereitung unserer eigenen Bestände wird der Nukleus eines digitalen Corpus Friedensbilder geschaffen. Zum Abschluss der Forschungen fand eine Kabinettausstellung statt, die mit repräsentativen Werken aus dem Bestand unserer Graphischen Sammlung das Thema Frieden und Friedensdiplomatie für die breite Öffentlichkeit sichtbar gemacht hat.

Das Projekt wurde gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

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Logo des Bundesministerium für Bild und Forschung